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Statement von Landrat Dr. Stefan Kerth 

zu dem Artikel aus der Ostsee-Zeitung "Rügen ringt um Insellösung: Unabhängig sein vom Kreis" vom 23. September 2021

Landrat Dr. Stefan Kerth
Landrat Dr. Stefan Kerth

„Kennen Sie jemanden, der durch ewiges Trübsal blasen Regionen vorangebracht hat? Das Bejammern der Kreisgebietsreform ist nicht zielführend. Ich halte ständige rückwärtsgewandte Diskussionen für verantwortungslos gegenüber denen, die sich gerade eine Zukunft aufbauen und investieren, sei es privat oder gewerblich. Wir, die in der Öffentlichkeit stehen, sollten für Anpacken und Optimismus stehen und nicht für das Aufwärmen von Traurigkeit und unrealistischen Ideen. Anpacken bedeutet z. B. unseren Inselschatz, den Rasenden Roland für die nächsten 100 Jahre fit zu machen. Ich darf erinnern, dass hier gerade der erste Spatenstich für eine Erlebnislandschaft und einen Werkstattneubau erfolgt ist. Anpacken bedeutet auch, Mukran z. B. durch das Thema Wasserstoff stark zu machen. Auch hier bewegt sich etwas.

Schlicht unrealistisch ist ein Landschaftsverband Rügen, da die Landesverfassung in Art. 75 damit etwas ganz anderes meint. Ebenso lebensfern ist die Idee einer Inselgemeinde. Dass so viele Gemeinden einer Fusion zustimmen würden, ist unrealistisch und ein nichtfreiwilliger Zusammenschluss kann nicht ernsthaft gewollt sein. Etwa ein Drittel der Anträge und Anfragen pro Kreistag beinhalten übrigens ausschließlich Themen, die sich mit der Insel Rügen befassen. Somit ist die Insel Rügen im Kreistag faktisch präsenter als z. B. das Küstenvorland.

Wer sagt, die Kreisgebietsreform koste mehr Geld bewegt, sich auf sehr dünnem Eis. Das ist schlicht Unfug. Dann dürften in Bundesländern, in denen es keine Fusionen zu so großen Kreisen gab, keine oder niedrigere Kostensteigerungen zu verzeichnen sein - genau das ist nicht der Fall. Die Ursachen für galoppierende Kosten liegen u. a. überwiegend im Sozialen, z. B. im Bereich der Kinderbetreuung. Man darf auch nicht vergessen, dass ein heutiger Landkreis Rügen zu den einwohnerschwächsten in ganz Deutschland zählen würde. Landkreise müssen hoch spezialisierte Fachleute beschäftigen, um z. B. die Anforderungen der Digitalisierung zu gewährleisten. In einem kleinen Landkreis hätte man nur Verwendung für einen „Halbtagsfachmann“, den es auf dem Markt aber nicht gibt. Vor dem Hintergrund der reinen Fachlichkeit machen größere Einheiten oft Sinn. Übrigens wurde die Kreisgebietsreform gerade wegen des demographischen Wandels und damit auch wegen eines absehbaren Arbeitskräftemangels vollzogen.

Ich habe gesagt, Insellagen erfordern Insellösungen und das meine ich ernst. Deswegen treibt mich durchaus der Gedanke um, wie man die Inselidentität pflegen und gemeinsamen Zukunftsoptimismus verbreiten kann. Die Ideen, die ich dazu habe, wurden wie vieles andere durch Corona ausgebremst. Ein aus meiner Sicht realistischer und sinnvoller Schritt wäre, ein wiederkehrendes Inselforum zu etablieren, welches sich aus Bürgermeistern, den Kreistagsmitgliedern und den Landtagsabgeordneten der Insel zusammensetzt. Die Einladungen zu einer Auftaktrunde werden noch im Oktober rausgehen, wobei ich mich im ersten Schritt an die Bürgermeister wenden werde.“

27.09.2021