Die Kreispolitik und in ihrem Auftrag die Landkreisverwaltung hören Eltern und deren Vertreter zu Themen, die sie betreffen, an. Das war auch so im Fall der Schülerbeförderungssatzung für den Landkreis Vorpommern-Rügen. Die Satzung wurde sehr intensiv diskutiert und nicht leichtfertig beschlossen.
1. Vor Beschlussfassung der Satzung
Beratungsfolge:
- 18.01.2012 erste Beratung im Bildungs- und Kulturausschuss (BKA)
- 28.03.2012 Beschlussvorlage im Bildungs- und Kulturausschuss
- 07.05.2012 Beschlussvorlage im Kreistag (zuvor noch Beschlussfassung im Haushalts- und Finanzausschuss und im Kreisausschuss)
==> Es bestand eine Beratungs- und Diskussionszeit von vier Monaten von der ersten Beratung im BKA bis zur Beschlussfassung im Kreistag.
==> In diesem Zeitraum war die zuständige Fachbereichsleiterin Frau Carmen Schröter von mehreren Fraktionen eingeladen worden, um die Problematik genauer besprechen zu können.
==> Ebenfalls wurden Frau Gerlind Ockert als Fachdienstleiterin Schulverwaltung und Frau Carmen Schröter von Schulen und Eltern angesprochen mit der Bitte um Erläuterung und Klärung des Sachverhalts, hier wurde insbesondere auch stets die rechtliche Situation des Landkreises mit besprochen.
==> Verwaltungsintern sind mehrere Beratungsrunden auf den unterschiedlichsten Ebenen geführt worden bis der Verwaltungsvorschlag vorlag.
2. Nach Inkrafttreten der Satzung
- In der Kreisverwaltung werden Anfragen zum Thema ständig beantwortet, die zuständigen Mitarbeiter kommen Bitten nach Gesprächen zur Problematik nach.
- Elternbriefe sind verschickt worden, um auf die neue Satzung und das weitere Vorgehen aufmerksam zu machen.
- Auf der Homepage des Landkreises ist eine Übersicht mit Antworten auf oft gestellte Fragen zur Schülerbeförderung eingestellt, die nach Bedarf aktualisiert wird.
- In den Gremien des Landkreises, insbesondere im Bildungs- und Kulturausschuss, wird die Schülerbeförderung immer wieder thematisiert.
- Bezüglich des TonArt-Projekts hat sich die Landkreisverwaltung u. a. mit dem Land in Verbindung gesetzt, ob hier im Rahmen des Schulgesetzes Wege gefunden werden können, um die Kosten bzw. einen Teil der Kosten zu erstatten. Leider gab es eine abschlägige Antwort. Das TonArt-Projekt in Bergen auf Rügen wird vom Landkreis Vorpommern-Rügen auch weiter befürwortet und unterstützt. Über eine Kooperationsvereinbarung wird z.B. zugesichert, dass die Lehrer der Musikschule zusätzlich Unterrichtsstunden an der Schule in Bergen erteilen.
3. Wesentliche Eckpunkte zum rechtlichen Rahmen
- Bis Ende des Schuljahres 2009/2010 regelte das Schulgesetz MV, dass die Schülerbeförderungskosten zu jeder Schule in den Gebieten der Landkreise von den Landkreisen zu tragen sind – allerdings nur bis zur Jahrgangsstufe 10. Ab der 11. Klasse mussten die Eltern die Kosten tragen.
- Ab dem Schuljahr 2010/2011 änderte das Land mit der Neuregelung zur freien Schulwahl das Schulgesetz dahingehend, dass die Schülerbeförderungskosten nur noch bis zur örtlich zuständigen Schule zu tragen sind, allerdings auch über die Jahrgangsstufe 10 hinaus an allgemein bildenden Schulen und den Fachgymnasien an beruflichen Schulen.
- Die ehemaligen Landkreis Rügen und Nordvorpommern waren in der Lage, die für unsere Kinder nun ungünstigere Regelung des Landes auszugleichen und haben weiterhin die kompletten Kosten getragen.
- Seit dem Sommer 2010 handelt es sich aber schon für alle Kostenerstattungen zu örtlich unzuständigen Schulen um eine freiwillige Aufgabe, die mit jedem Haushaltsjahr im Rahmen der HH-Planung neu zu betrachten war und ist.
- Die Haushaltssituation im Landkreis Vorpommern-Rügen ist äußerst angespannt und lässt eigentlich keine freiwilligen Leistungen mehr zu. Die Mitglieder des Kreistages und die Verwaltung standen jedoch dazu, dass die Eltern nicht die gesamten Kosten auf den Wegen zu den örtlich nicht zuständigen Schulen tragen sollen und haben sich zu einer Beteiligung des Landkreises in Höhe von 50 € je Monatsfahrkarte bekannt.
- Das bedeutet: Trotz eines zweistelligen Millionendefizits im Haushals erbringt der Landkreis diese freiwillige Leistung in Höhe von rund einer dreiviertel Million Euro!
- Vom Land wurde dazu angemerkt, dass die Gewährung eines Zuschusses in dieser Größenordnung mit der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landkreises eigentlich nicht mehr vereinbar sei. Dem Landkreis wurde sogar nahegelegt, seinen Zuschuss mindestens zu senken.
4. Carmen Schröter, Fachbereichsleiterin:
„Ich habe Verständnis für die betroffenen Eltern. Jeder weiß doch, wie es ist, wenn mehr oder weniger unerwartete zusätzliche Ausgaben auf einen zukommen. Aber - der Landkreis ist der falsche Adressat für den verständlichen Unmut. Vielmehr steht hier das Land in der Pflicht. Das Land hat als Gesetzgeber die freie Schulwahl eingeführt. Gleichzeitig hat es aber die Kostenerstattung im Rahmen der Schülerbeförderung eingeschränkt. Das Anliegen, allen Kindern einen gleichen Zugang zur Bildung zu gewähren, kann nur über eine Gesetzesänderung erfolgen. Das Land ist also wieder gefragt. Ob und, wenn ja, wann der Landkreis eine komplette Kostenerstattung für die Schülerbeförderung übernimmt, kann derzeit nicht gesagt werden. Darüber ist frühestens zu entscheiden, wenn sich die Haushaltssituation enorm verbessert hat.“
5. Zusätzliche Anmerkung
In der Schulverwaltung sind keine Beschwerden dahingehend aufgelaufen, dass Schüler im Rahmen der Schülerbeförderung stehengelassen und nicht mit dem Bus mitgenommen worden sind. Dass die Busse sehr voll sind, hat nichts mit der neuen Schülerbeförderungssatzung zu tun. Vielmehr ist zu beobachten, das dies insbesondere zu Beginn des neuen Schuljahres und nach Fahrplanwechsel der Linienbusse auftritt. Hier sollten die Nutzer gezielt die jeweiligen Verkehrsbetriebe ansprechen, die für den Einsatz der Busse verantwortlich sind.
Quelle: Landkreis Vorpommern-Rügen