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24.01.2023

Gehölzfällungen für den Klimaschutz?

Sicherung der Moore im Landkreis Vorpommern-Rügen dient dem Naturhaushalt

Mecklenburg-Vorpommern ist mit etwa 300.000 Hektar eines der moorreichsten Bundesländer. Moore zeichnen sich nicht nur durch eine einzigartige Flora und Fauna aus, sondern übernehmen im gesunden Zustand mit der hohen Kohlenstoff-Einspeicherung zudem eine bedeutende Aufgabe – demnach ist Moorschutz auch Klimaschutz.
Bereits seit dem Jahr 2000 wird in MV landesweit mithilfe eines Konzepts der Landesregierung am Moorschutz gearbeitet. Die Nationalparke und Naturparke des Landes MV haben den Lebensraum Moor nun zum Jahresthema 2023 erklärt. Wie steht es um die Moore in Vorpommern-Rügen? Welche Schutzmaßnahmen werden vorgenommen? Und warum sind Gehölzfällungen hierbei notwendig? – Ein Überblick:

Gehölzfällungen für den Klimaschutz?

Auf den ersten Blick scheint diese Fragestellung paradox zu sein, da allgemein bekannt ist, dass Gehölze und insbesondere Wälder gut fürs Klima sind und große Mengen Kohlenstoff in Holz und Böden speichern können. Bei Mooren, in denen der Kohlenstoff größtenteils in den Torfen gespeichert wird, kann Gehölz- beziehungsweise Baumaufwuchs aber genau das Gegenteil bewirken. Sind die Moore ausreichend nass, kann sich unter Sauerstoffabschluss Torf bilden, der aus abgestorbenen Resten von Moorpflanzen besteht. In Mitteleuropa findet Torfbildung aber weitgehend unter Bedingungen statt, in denen die Moore gänzlich oder weitgehend gehölzfrei sind. Findet sich dagegen auf Mooren umfangreicher Gehölzaufwuchs, zum Beispiel aus Kiefern, Birken, Erlen oder verschiedenen Weiden, ist dies ein untrüglicher Hinweis auf einen gestörten Wasserhaushalt.

In den meisten Fällen wurden bei diesen Mooren in der Vergangenheit Entwässerungsmaßnahmen durchgeführt, die den Wasserspiegel in den Mooren künstlich abgesenkt haben. Eine Serie von Trockenjahren sowie hohe Stickstoffeinträge aus der Luft beschleunigen den Baumaufwuchs auf den Mooren. Große Bäume können sich auf diesen Mooren nur bilden, weil die Bodenoberfläche trocken und gut mit Sauerstoff versorgt ist und damit günstige Keim- und Wachstumsbedingungen für diese bietet. Sind erst einmal zahlreiche Gehölze in einem Moor etabliert, wirken diese durch hohe Verdunstungsraten, die über das Jahr verteilt deutlich höher sind als der Jahresniederschlag, zusätzlich entwässernd auf das Moor. Anstatt weiterhin Kohlenstoff in den Torfen zu speichern, werden große Mengen Kohlenstoff freigesetzt, sodass sich diese Moore von Kohlenstoffsenken in Kohlenstoffquellen verwandeln. Da Moore wesentlich mehr Kohlenstoff als Gehölze und Wälder speichern, tragen entwässerte Moore somit ganz erheblich zur Freisetzung von klimarelevanten Gasen bei und verschärfen den Klimawandel.

Hierunter haben insbesondere solche Moore zu leiden, die nicht über eine ausreichende Wasserversorgung durch Grundwasserzustrom verfügen, sondern sich weitgehend über Niederschlagswasser speisen. Hierzu zählen insbesondere Regenmoore oder sogenannte Kesselmoore mit sehr kleinem oberirdischen Einzugsgebiet, die weitgehend auf Regenwasser angewiesen sind. Aufgrund Entwässerung, Trockenjahren und Stickstoffeinträgen sind diese Moore besonders stark gefährdet.

Wie steht es um die Moore in Vorpommern-Rügen?

Inmitten von nährstoffarmen Torfmoos-Mooren wächst der Rundblättrige Sonnentau, eine der wenigen fleischfressenden Pflanzen in unserer heimischen Flora © Jürgen Kossendey
Inmitten von nährstoffarmen Torfmoos-Mooren wächst der Rundblättrige Sonnentau, eine der wenigen fleischfressenden Pflanzen in unserer heimischen Flora © Jürgen Kossendey

Der Landkreis Vorpommern-Rügen weist 2.664 Moorflächen auf. Alle größeren Regenmoore, wie das Dierhäger Moor, das Ribnitzer Große Moor oder das Große Dänschenburger Moor, sind von den beschriebenen Entwicklungen betroffen. Diese von Natur aus nährstoffarmen Moore bieten zudem für zahlreiche spezialisierte Pflanzen- und Tierarten einen wertvollen Lebensraum, darunter beispielsweise Arten wie der Rundblättrige Sonnentau, verschiedene Seggen, Wollgräser und Torfmoose, Königsfarn sowie verschiedene Schmetterlinge und Libellen, darunter Große Moosjunger und Hochmoor-Bläuling. Verschwinden die Moore als Lebensraum für diese Arten, verschwinden auch diese Arten für immer.

Die genannten Moore sind trotz ihrer Lage in Naturschutzgebieten mittlerweile auf aktive Intervention durch den Menschen angewiesen, um sie in einen naturnahen Zustand zurückzuversetzen, in denen diese Moore dann auch wieder durch Torfwachstum aktiv Kohlenstoff speichern können. Zu den möglichen Maßnahmen gehören nicht nur der aktive Rückbau von Entwässerungsgräben, die Schaffung von Pufferzonen gegen Einträge von Nährstoffen aus der Landwirtschaft, sondern auch ein aktives Gehölzmanagement auf diesen Mooren.

Maßnahmen des Landkreises zum Schutz regionaler Moore

Der Landkreis Vorpommern-Rügen, Fachdienst Umwelt, setzt sich seit vielen Jahren zusammen mit verschiedenen Partnern, unter anderem Stiftungen, Naturschutzverbänden und staatlichen Stellen, für den Erhalt solcher Moore ein. Dazu ist es auch notwendig, im Sinne des Klima- und Naturschutzes Bäume von bereits stärker gehölzbestandenen Mooren zu entfernen. Dies klingt zunächst paradox, ist aber eine wichtige Maßnahme, um wachsende Moore zu sichern beziehungsweise wiederherzustellen und so dem fortschreitenden Klimawandel entgegenzuwirken.

Unterstützung zum Erhalt der Moore wird benötigt

In nur noch wenigen Mooren ist der in Mecklenburg-Vorpommern stark gefährdete Königsfarn anzutreffen © Jürgen Kossendey
In nur noch wenigen Mooren ist der in Mecklenburg-Vorpommern stark gefährdete Königsfarn anzutreffen © Jürgen Kossendey

Der Landkreis Vorpommern-Rügen bittet zudem um aktive Unterstützung von Privateigentümern sowie Gemeinden und Kommunen, um möglichst viele Moore wieder in einen naturnahen Zustand zu versetzen. Neben aktiver und praktischer Mitarbeit in Naturschutzvereinen kann jeder beispielsweise auch durch den Kauf torffreier Gartenerde, durch den Erwerb sogenannter „MoorFutures“ oder durch die Bereitstellung von Flächen für den Moorschutz zum Erhalt der Moore beitragen.

Autor/in: Landkreis Vorpommern-Rügen