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14.10.2015

Renaturierung des Polders III im Recknitztal bei Bad Sülze

Fünfzehn Jahre, nachdem das erste Projekt zur Renaturierung des Recknitztales zwischen Dudendorf und Bad Sülze abgeschlossen wurde und sich die Moorlandschaft dort nun wieder natürlicher entwickeln darf, fahren hier erneut große Baumaschinen durchs Talmoor – diesmal allerdings nördlich der Stadt.

Hintergrund ist die Einrichtung eines sogenannten „Ökokontos“ für die Stadt Bad Sülze, welche in diesem Bereich einen Großteil der Flächen besitzt.

Die Arbeiten zur Renaturierung des ca. 530 ha großen Poldergebietes nördlich von Bad Sülze (Karte, gelbe Fläche) begannen im September 2015. Ziel ist es, die natürlichen Abflußverhältnisse zur Recknitz wieder herzustellen. Dies wird versucht, indem die Deiche an der Recknitz zurückgebaut und der Polder vom Schöpfwerk, welches das Gebiet bisher entwässerte (blauer Pfeil in der Karte), abgekoppelt werden.

Im Kerngebiet der Renaturierung (in der Karte rot umrandet) wird dauerhaft eine naturschutzgerechte Grünlandnutzung erfolgen. Die Größe dieses Teilgebietes beträgt etwa 330 ha (die übrigen Flächen werden wie bisher vom ansässigen Landwirt genutzt). Im Gegensatz zu den Moorflächen südlich der Stadt soll hier keine ungenutzte Naturlandschaft entstehen, sondern für Tiere und Pflanzen der Feuchtwiesen mehr Lebensraum geschaffen werden. Um dies zu erreichen, wurden in einem Pflegeplan mehrere Bereiche aus­gewiesen, auf denen die Wiesen mosaikartig jeweils zu unterschied­lichen Zeiten gemäht und gegebenenfalls beweidet werden sollen.

Während artenreiche Feuchtwiesen in unserer mittlerweile weitgehend „ausgeräumten“ Agrarlandschaft ohnehin schon Raritäten sind, handelt es sich bei den im Rena­tu­rie­rungs­gebiet bei Bad Sülze befindlichen Flächen sogar um sogenannte „Salzwiesen im Binnen­land“. Diese sind wegen ihrer Seltenheit auch europaweit von herausragender Bedeutung und nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union besonders („prioritär“) geschützt.

Die Bad Sülzer Binnensalzstelle, der die Stadt auch ihren Namen verdankt, ist die größte in Mecklenburg-Vorpommen. Geologisch bedingt kommt es an solchen Standorten zum Auf­stieg salzhaltigen Grund­wassers (Sole) aus tieferen Erdschichten. Durch Verdunstung reichert sich das Salz im Oberboden an und es können Pflanzen dort wachsen, die sonst nur auf regelmäßig überfluteten Flächen an den Küsten gedeihen. Hier findet man auf offenen Stellen z.B. den Queller (Salicorna europaea) und in den Wiesen Salz-Binse (Juncus gerardii), Strand-Dreizack (Triglochin maritimum) oder Strand-Aster (Aster tripolium). Dichte Bestände bildet die hier weit verbreitete Strand-Simse (Bolboschoenus maritimus).

Großräumige Feuchtwiesen bieten wegen ihres Reichtums an dort vorkommenden Insekten und Fröschen auch für viele Vögel ideale Lebensräume. Zwei typische Arten, die auf solchen Wiesen brüten, sind der Kiebitz und die Bekassine. Und nicht zuletzt sind sie ein bevorzugtes Jagdrevier des ebenfalls seltenen, aber in unserer Region noch lebenden und besonders geschätzten Schreiadlers.

Weitere Informationen zur Natur in und um Bad Sülze erhalten Interessierte im dortigen Salzmuseum und außerhalb der Öffnungszeiten dieses Hauses auf neuen Lehrtafeln.

Ökokonten“ können auf Wunsch der Eigentümer von Flächen mit einer Mindestgröße von 1.000 m² eingerichtet werden. Sie dienen dem Ausgleich von Eingriffen in Natur und Land­schaft und stellen gleichzeitig für die Antragsteller (Flächeneigentümer - Privatpersonen, aber auch Städte und Gemeinden) eine attraktive Einnahmequelle dar, da die erzielten „Ökopunkte“ frei handelbar sind. Auf diese Weise können Investoren, welchen auf Grund von Flächenmangel ein gesetzlich festgelegter Ausgleich für Eingriffe in den Naturhaushalt nicht möglich ist, diesen von Besitzern eines Ökokontos „erwerben“.

Die Einrichtung von Ökokonten bedarf einer Genehmigung der jeweiligen Unteren Naturschutz­behörde sowie einer öffentlich- und privatrechtlichen Sicherung. Die Verfahrens­weise ist in der Ökokonto-Verordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern geregelt.