Fragen und Antworten für Arbeitnehmer
Darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen, wenn viele Kolleginnen und Kollegen krankheitsbedingt ausfallen?
Von Überstunden spricht man, wenn die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit überschritten wird.
Arbeitnehmer sind grundsätzlich nur dann zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn sich dies aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Arbeitsvertrag ergibt. Es kann jedoch auch eine Nebenpflicht zur Leistung von Überstunden bestehen, wenn durch die geforderten Überstunden ein sonst dem Arbeitgeber drohender Schaden, der auf andere Weise nicht abgewendet werden kann, vermieden wird. Dies könnte auch dann der Fall sein, wenn es beispielsweise aufgrund von COVID-19-Erkrankungen zu erheblichen Personalausfällen kommt.
Besteht keine arbeits- oder kollektivvertragliche Bestimmung über die Bezahlung der Überstunden, kann der Arbeitnehmer grundsätzlich gem. § 612 BGB die Grundvergütung für die Überstunden verlangen. Der Anspruch auf Überstundenvergütung setzt voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden und jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren.
Quelle: https://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/corona-virus-arbeitsrechtliche-auswirkungen.html
Darf ein Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben, weil er Angst vor Ansteckung hat?
Ein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, bei Ausbruch einer Erkrankungswelle wie COVID-19 der Arbeit fernzubleiben, gibt es nicht. Für das Eingreifen eines Leistungsverweigerungsrechts wäre es erforderlich, dass ihm die Erbringung seiner Arbeitsleistung unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 BGB). Eine Unzumutbarkeit ist z.B. dann gegeben, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Das bloße Husten von Kollegen ohne weiteren objektiv begründeten Verdacht oder Anhaltspunkte für eine Gefahr wird dafür wohl nicht ausreichen.
Quelle: https://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/corona-virus-arbeitsrechtliche-auswirkungen.html
Was passiert, wenn mein Kind nicht krank ist, aber die Kita/Schule meines Kindes (länger) geschlossen wird und ich keine andere Betreuung für das Kind habe? Muss ich Urlaub nehmen?
Ist bei der Schließung der Kita/Schule unter Berücksichtigung des Alters der Kinder eine Betreuung erforderlich, so müssen die Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, die Kinderbetreuung anderweitig sicherzustellen (z. B. Betreuung durch anderen Elternteil). Kann die erforderliche Kinderbetreuung auch dann nicht sichergestellt werden, dürfte in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bestehen, da die Leistungserfüllung unzumutbar sein dürfte (§ 275 Abs. 3 BGB). D. h. in diesen Fällen wird der Arbeitnehmer von der Pflicht der Leistungserbringung frei; es ist nicht zwingend erforderlich, Urlaub zu nehmen.
Zu beachten ist jedoch, dass bei einem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers aus persönlichen Verhinderungsgründen nur unter engen Voraussetzungen ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bestehen kann. Ein solcher Entgeltanspruch kann sich aus § 616 BGB für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ergeben. Zudem kann der Anspruch aus § 616 BGB durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen sein.
Nimmt der Arbeitnehmer Urlaub, erhält er Urlaubsentgelt.
In dieser Situation dürfte es hilfreich sein, zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales appelliert an alle Arbeitgeber, zusammen mit den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern pragmatische Lösungen (z. B. Homeoffice, kreative Arbeitszeitmodelle, Nutzung von Urlaub und Arbeitszeitkonten, etc.) zu vereinbaren , welche den Belangen der Familien und der Arbeitsfähigkeit der Betriebe und Einrichtungen Rechnung tragen.
Quelle: https://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/corona-virus-arbeitsrechtliche-auswirkungen.html
Siehe auch "Arbeitgeber gewähren Eltern-Entschädigung".
Habe ich Anspruch auf mein Entgelt, wenn sich die behördliche Infektionsschutzmaßnahme gegen mich wendet?
Ist der Arbeitnehmer selbst als Betroffener Adressat einer behördlichen Maßnahme, wie z.B. Tätigkeitsverbot oder Quarantäne, kann er einen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber haben. Aus Sicht des BGH kann in einem solchen Fall ein vorübergehender, in der Person des Arbeitnehmers liegender Verhinderungsgrund bestehen, der den Arbeitgeber trotz Wegfalls der Pflicht zur Arbeitsleistung zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (§ 616 BGB). Die Dauer der Entgeltfortzahlung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978, III ZR 43/77 – nach dieser Entscheidung für höchstens 6 Wochen).
In Fällen, in denen § 616 BGB durch Einzel- oder Tarifvertrag eingeschränkt oder ausgeschlossen ist oder aus anderen Gründen nicht greift, besteht in vielen Konstellationen ein öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch. Personen, die als Ansteckungsverdächtige auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamts isoliert werden und deshalb einen Verdienstausfall erleiden, erhalten eine Entschädigung nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes. Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Vom Beginn der siebten Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes gewährt. Arbeitnehmer erhalten von ihrem Arbeitgeber für die Dauer der Isolierung, längstens für sechs Wochen, eine Entschädigung in Höhe des Nettolohns. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag erstattet. Nach sechs Wochen zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter. Erkrankte fallen nicht unter diese Entschädigungsregelung, weil diese bereits Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Krankengeld erhalten.
Quelle: https://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/corona-virus-arbeitsrechtliche-auswirkungen.html
Informationen und Antrag zur Entschädigung nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes:
Ich habe eine leichte Erkältung, kann ich mich krankschreiben lassen?
Am 9. März haben der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV Spitzenverband) und die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) eine zeitlich befristete erleichterte Möglichkeit für Krankschreibungen vereinbart. Patienten, die an leichten Erkrankungen der oberen Atemwege erkrankt sind und keine schwere Symptomatik vorweisen oder Kriterien des Robert Koch Instituts für einen Verdacht auf eine Infektion erfüllen, können nach telefonischer Rücksprache mit ihrem Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis maximal sieben Tage ausgestellt bekommen. Die Vereinbarung gilt ab sofort und zunächst für vier Wochen.
Ich habe mich bei der Arbeit mit dem Coronavirus infiziert. Bin ich Unfallversichert?
Versicherte, die sich in Deutschland im Rahmen ihrer versicherten Tätigkeit mit dem Coronavirus infizieren, stehen grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies wird derzeit in erster Linie Krankenhauspersonal und damit Versicherte der BGW (Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) betreffen.
Ich stand in räumlichen Kontakt zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person. Was muss ich nun tun?
In einem solchen Fall trifft den Arbeitnehmer eine arbeitsvertragliche Hinweispflicht. Sie sollten sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen mit dem zuständigen Gesundheitsamt und Ihrem Arbeitgeber in Verbindung setzen, einen Arzt kontaktieren oder die 116117 anrufen - und zu Hause bleiben.
Kurzarbeitergeld - Informationen für Arbeitnehmer
Hier finden Sie Informationen über Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer.
Landesregierung unterstützt polnische Pendler, Arbeitgeber sind antragsberechtigt
Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern unterstützt polnische Tagespendler und Wochenpendler, die ihren Haupt-wohnsitz ebenfalls nicht in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Anträge sind ab sofort beim Landesamt für Gesundheit und Soziales auf der Homepage abrufbar.
Antragsberechtigt sind Arbeitgeber, die in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis Pendler beschäftigen, die ihren Hauptwohnsitz im Ausland haben, an einer Arbeitsstätte in Mecklenburg-Vorpommern arbeiten und aufgrund von durch die Corona-Pandemie bedingten Einreise-beschränkungen und Quarantäneregelungen nicht mehr regelmäßig zwischen Wohnort und Arbeitsort pendeln können.
Pressemitteilung: https://www.regierung-mv.de/Aktuell/?id=158828&processor=processor.sa.pressemitteilung
Informationen und Antragsunterlagen: https://www.lagus.mv-regierung.de/Foerderungen/Pendler-Zuschuss/
Mein Arbeitgeber schließt den Betrieb, muss ich Urlaub nehmen?
Eine Anordnung von Urlaub dürfte vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung nicht ohne weiteres möglich sein. Dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers unterfallen insbesondere Auftragsmangel bzw. Betriebsablaufstörungen – sei es durch selbst herbeigeführte oder von außen einwirkende Umstände. Liegt ein Fall des Betriebsrisikos vor, kann der Arbeitgeber den Urlaub nicht einseitig festlegen.
Was passiert, wenn der Arbeitgeber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Hause schickt, z.B. weil sie Husten haben?
Der Arbeitgeber ist aus seiner Fürsorgepflicht heraus verpflichtet, einen objektiv arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer von der Arbeit fernzuhalten. Wird ein solcher Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber nach Hause geschickt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Es gelten die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG).
Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, die arbeitsfähig und auch arbeitsbereit sind, rein vorsorglich nach Hause schickt, bleibt zur Zahlung der Vergütung verpflichtet (so genannter Annahmeverzug - § 615 S. 1 BGB). In diesen Fällen muss der Arbeitnehmer die ausgefallene Arbeitszeit auch nicht nachholen.
Was passiert, wenn ich meinen Arbeitsplatz nicht erreichen kann, etwa weil die öffentlichen Verkehrsmittel nicht fahren?
Kann der Beschäftigte aufgrund von allgemein angeordneten Maßnahmen seinen (unbelasteten) Arbeitsplatz nicht erreichen und somit seine Arbeitsleistung nicht erbringen, hat er grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung. Denn der Arbeitnehmer trägt das Risiko, dass er zum Betrieb als seinem Arbeitsort gelangt (sog. Wegerisiko).
Welche Informationen muss ich dem Arbeitgeber meine Gesundheit betreffend (ggf. auf dessen Nachfrage) geben?
Fragen des Arbeitgebers nach dem Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers bedürfen grundsätzlich einer besonderen Rechtfertigung, da sie nicht unerheblich in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Aus diesem Grund enthalten z. B. ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die den Arbeitgebern vorgelegt werden, auch keine Diagnosen.
Wurde bei einem Arbeitnehmer jedoch eine Erkrankung durch eine Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 festgestellt, kann der Arbeitgeber aber Auskunft hierüber verlangen, damit er seiner Fürsorge- und Schutzpflichten nachkommen und die gesundheitlichen Belange anderer Arbeitnehmer schützen kann.
Quelle: https://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/corona-virus-arbeitsrechtliche-auswirkungen.html