Vibrionen
Als Vibrionen werden im Deutschen Bakterien der Gattung Vibrio bezeichnet. Meist sind diese Mikroorganismen stäbchenförmig und gebogen wie ein Komma. Einige Arten, aber nicht alle, können Säugetiere und somit Menschen befallen und krankmachen. Am bekanntesten ist vermutlich Vibrio cholera - der Erreger, der die epidemische Erkrankung Cholera auslöst. Der kommt bei uns nicht vor, sondern wird eher durch Aufenthalte in Gebieten mit unzureichenden hygienischen Bedingungen nach Deutschland mitgebracht.
Viele der Vibriobakterien lieben salzhaltiges Wasser: In Europa sind sie z.B. im Mittelmeer und Atlantik zu finden. Auch in der Ostsee und Nordsee fühlen sie sich wohl. Im Allgemeinen können sie weltweit im Meer- und Brackwasser, an Flussmünden und Buchten, in Boddengewässern und Lagunen, aber auch in Binnenseen nachgewiesen werden. Bei uns werden in Wasserproben vorrangig die Arten Vibrio vulnificus und Vibrio parahämolyticus bestätigt. Der optimale Lebensraum ist gegeben bei
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- einem Salzgehalt von etwa 0,5 bis 2,5 Prozent und
- einer Wassertemperatur ab 18°- 20°C und mehr.
Unter diesen Bedingungen vermehren sie sich besonders stark. Da aufgrund des Klimawandels bei uns die Sommer nachweislich wärmer werden, steigt auch die Gefahr von Infektionen mit Vibrionen deutlich an.
In der Berichterstattung der Medien tauchen Vibrionen-Infektionen an der Ostsee immer häufiger auf: Berichte über Infektionen mit Todesfolge klingen für viele Menschen verständlicherweise sehr beängstigend. Aufklärung über mögliche Risiken ist daher um so wichtiger.
Wissenswert:
Auch Vibrio cholera-Varianten wurden in bereits deutschen Badeseen nachgewiesen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die Cholera-auslösende Variante: Diese bilden nicht das typische, Cholera-auslösende Gift, in der Fachsprache auch Toxine genannt.
1. Vibrio vulnificus bacteria (Bild 1) | 2. Vibrio parahaemolyticus bacteria (Bild 2) |
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Bild 1: (Das Bild ist der Public Health Image Library (PHIL) des CDC (USA) lizenzfrei entnommen.); Bild 2: (Das Bild ist der Public Health Image Library (PHIL) des CDC (USA) lizenzfrei entnommen.)
Wie erkenne ich einen Befall mit Vibrionen?
Erst seit 1994 ist bekannt, dass Vibrionen auch in der Ostsee nachweislich Infektionen verursachen können. Im Gegensatz zur "Blaualgenblüte", hervorgerufen durch Cyanobakterien, sind Vibrionen als Kleinstlebewesen äußerlich im Wasser nicht zu erkennen, sondern nur unter einem Mikroskop. Sie gehören natürlicherweise in den Lebensraum Ostsee.
Mit Hilfe von Wasserproben kann das Vorkommen sowie die Höhe der Belastung festgestellt werden. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es ein landesweites Untersuchungsprogramm zum Vorkommen für Vibrionen. Dafür nehmen die Gesundheitsämter an sieben Abschnitten in MV regelmäßig Proben, auch im Landkreis Vorpommern-Rügen. Im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) werden die Wasserproben anschließend untersucht. Während der Sommermonate erfolgt die Probenentnahme alle 14 Tage. Werden Infektionen gemeldet, werden zusätzliche Wasserkontrollen durchgeführt.
Hinweise auf eine Zunahme von Vibrionen im Wasser kann jedoch das Wetter geben: Ist es über einen längeren Zeitraum sehr sonnig und die Wassertemperatur der Ostsee erhöht sich auf etwa 18 bis 20 Grad Celsius und mehr, steigt auch das Risiko, sich mit Vibrionen zu infizieren. Das ist meist in den Sommermonaten von Juni bis September der Fall. In diesem Zeitraum wurden bisher Infektionen gemeldet. Wenn das Wasser sich zum Herbst hin allmählich wieder abkühlt, vermehren sich die Vibrionen zwar weniger, sind aber dennoch vorhanden und können schlimmstenfalls weiterhin Infektionen auslösen.
Gut zu wissen:
Auf dem Geo-Portal des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), der europäischen Seuchenkontrollbehörde, kann die Belastung mit Vibrionen an den europäischen Küsten für die Vergangenheit und mit einer 5tägigen Vorhersage betrachtet werden (auf Englisch).
Geoportal des European Centres for Disease Prevention and Control (ECDC)
Wo besteht eine besonders hohes Risiko?
Wie auch der Bildausschnitt des Geoportals zeigt, ist die Infektionsgefahr in flachen und küstennahen Bereichen am höchsten. An den flachen Stellen erwärmt sich das Wasser besonders schnell. Wenn es dazu viel Sonne und kaum Wind gibt, kann sich das aufgewärmte Wasser weniger mit dem kälteren durchmischen und es entstehen ideale Bedingungen für die Vibrionen.
Ein weiterer Übertragungsweg mit den Vibrio-Erregern sind Meerestiere bzw. Meeresfrüchte. Die Gefahr ist dann besonders hoch, wenn diese roh oder nicht durchgegart verzehrt werden.
Übrigens: Seit 2020 ist die Infektion mit Vibrionen meldepflichtig. Dadurch lässt sich eine Erkrankungshäufung schneller erkennen und die für den öffentlichen Gesundheitsdienst zuständigen Gesundheitsämter können vulnerable Gruppen über die Infektionsgefahr gezielter informieren. |
Welche Personen sind gefährdet?
Wie bei anderen gesundheitlichen Gefahren, ist Vorsicht vor allem für die sogenannten Risikogruppen geboten. Dadurch sind in erster Linie folgende Personen betroffen:
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- Menschen ab ca. 60 Jahren, da deren Immunsystem generell schwächer wird
- allgemein immungeschwächte Menschen
- z.B. wegen einer Chemotherapie
- Menschen mit chronischen Vorerkrankungen, wie
- Lebererkrankungen (z.B. Leberzirrhose, Hepatitis)
- Diabetes mellitus
- Herzerkrankungen
- Krebserkrankungen
Besonders Personen, die offene Wunden haben, die schlecht oder gar nicht verheilen, sollten das Baden oder Wasserwaten in offenen Gewässern entlang der Küsten meiden. Auch bei kleinsten Verletzungen sollten Menschen mit einem schwachen Immunsystem lieber auf das Baden verzichten. Da eine Infektion ebenfalls durch rohe Meerestiere, wie Fisch oder Muscheln (z.B. Austern) übertragen werden kann, sollten sich die genannten Risikogruppen auch dieser Gefahr bewusst sein und sich von solchen Lebensmitteln fernhalten. Sobald sich Beschwerden zeigen, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Der sollte unbedingt erfahren, dass die Symptome nach dem Baden oder Waten zum ersten Mal aufgetreten sind, um eine Vibrioneninfektion als mögliche Ursache zu erkennen.
Bei einem frisch Tätowierten ist eine Infektion mit Todesfolge bekannt geworden, jedoch litt der Betroffene an einer Lebererkrankung, verursacht durch Alkohol. Gesunde Menschen sind wahrscheinlich weniger betroffen, weil deren Immunsystem es schafft, die Erreger abzuwehren. Sollten dennoch Symptome auftreten, ist der Besuch beim Arzt dringend empfohlen.
Welche Gesundheitsrisiken bestehen?
Zunächst ist es gut zu wissen, dass derzeit Vibrionen-Infektionen selten sind und zum Beispiel Badeunfälle entlang der Ostsee und anderer Gewässer im Vergleich sehr viel häufiger vorkommen. In der Zukunft, bedingt durch den Klimawandel, können aber Infektionen mit den Vibrionen-Bakterien zunehmen. Panik ist nicht angesagt. Wer weiß, worauf zu achten ist, kann sich besser schützen und der zum Teil sogar tödlich verlaufenden Infektion vorbeugen.
Was sind die Symptome einer Vibrionen-Infektion?
Abhängig davon, mit welchem Bakterium die Infektion erfolgte, können ganz unterschiedliche Symptome auftreten. Bekannt ist, dass der Erreger Vibrio vulnificus hauptsächlich zu Wundinfektionen mit
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- starker Blasenbildung sowie
- Haut- und Gewebezerstörung (Nekrose)
führt. Die Infektion führt häufig zu einer schnell auftretenden
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- Blutvergiftung (Sepsis), die sich
- auf andere Organe ausbreitet und
- meist mit Fieber und Schüttelfrost einhergeht.
Sobald ein Unwohlsein auftritt, ist sofort ein Arzt aufzusuchen: Die Inkubationszeit beträgt nur etwa 12 bis 72 Stunden und die Infektion schreitet sehr schnell voran. Sie kann lebensbedrohlich sein, wenn zu spät reagiert wird. Ein Fortschreiten der Haut- und Gewebezerstörung kann im schlimmsten Fall sogar zur Amputation von Extremitäten führen.
Jede Minute zählt, wenn der Verdacht auf eine Vibrionen-Infektion besteht!
Wird die Infektion hingegen verursacht durch das Bakterium Vibrio parahämolyticus, treten eher Beschwerden im Magen-Darm-Trakt auf. Die Folge können
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- Übelkeit,
- Bauchkrämpfe,
- Erbrechen oder
- Durchfall sein.
Begleitend treten häufig Fieber und Schüttelfrost auf. Auch Ohrinfektionen sind als Folge einer Ansteckung mit Vibrionen bekannt und treten nicht selten bei Kindern auf.
Ganz gleich, welche Symptome sich zeigen: Es ist wichtig, dass so schnell wie möglich ein Arztbesuch erfolgt. Nur so kann die Diagnose gestellt und umgehend eine wirksame Behandlung eingeleitet werden. Eine Reihe weiterer Fragen rund um gesundheitliche Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit Vibrionen beantwortet das folgende Dokument des LAGuS MV:
Weitere Lesetipps:
Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) MV:
Robert-Koch-Institut:
Bundesinstitut für Risikobewertung
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Quellen:
RKI - Vibrionen - Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Nicht-Cholera-Vibrionen
Fragen und Antworten zu Vibrionen - BfR (bund.de)
Epidemiologisches Bulletin 34 / 2006, ab Seite 295
ECDC: Europäische Übersichtskarte der Belastung mit Vibrionen
Umweltbundesamt: Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland: Beispiel-Portfolio
Umweltbundesamt: Vibrio vulnificus im Meerwasser in heißen Sommern
Lebensmittel: Erkrankung durch Vibrionen in Lebensmitteln (bayern.de)
Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) MV zur Badewasserqualität
Public Health Image Library des Center for Disease Control and Prevention (USA)