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03.07.2014

Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren - Nachbarschutz?

Viele Bauherrn und auch deren Nachbarn denken, dass mit Erteilung der Baugenehmigung alle öffentlichen Vorschriften des Baurechts durch die untere Bauaufsichtsbehörde geprüft wurden. Dieses gilt aber nur für das normale Genehmigungsverfahren.

Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren wird nach der Novellierung der Landesbauordnung Mecklenburg–Vorpommern ( LBauO M-V) 2006 das Bauordnungsrecht und damit unter anderem auch die nachbarschützenden Vorschriften des Abstandsflächenrechts des beantragten Gebäudes und auch die Abstände hinsichtlich der Bedachung wie z. B. Rohrdächer zu den Grundstücksgrenzen und den bestehenden Gebäuden auf dem Baugrundstück nicht mehr geprüft. Es sei denn, es soll von den Vorschriften abgewichen werden und ein entsprechender Abweichungsantrag wurde gestellt.

Welche Vorhaben werden im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 63 LBauO  M-V geprüft?

Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren werden die Wohngebäude, deren Nebengebäude und Nebenanlagen sowie sonstige bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, beantragt. Dieses gilt auch für reine Ferienwohn- und Wochenendhäuser.

Für diese Vorhaben sind der Bauherr und sein beauftragter Planer dafür verantwortlich, dass die öffentlichen Vorschriften des Bauordnungsrechtes eingehalten werden.

Was tun, wenn der Nachbar vermutet, dass das geplante Bauvorhaben gegen nachbarschützende öffentliche Vorschriften des Bauordnungsrechtes verstößt? Zunächst besteht immer die Möglichkeit als betroffener Nachbar die eingereichten Bauunterlagen bei der unteren Bauaufsichtsbehörde einzusehen. Die Bauvorlagen sind trotz des eingeschränkten Prüfprogrammes vollständig mit Angabe der Abstände und Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze bei der Genehmigungsbehörde einzureichen.

Sollte sich die Vermutung bestätigen, kann ein Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen das Vorhaben bei der unteren Bauaufsichtsbehörde gestellt werden. Spätestens in diesem Zusammenhang werden die nachbarschützenden Vorschriften des Bauordnungsrechtes geprüft. Die Behörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wie sie bauaufsichtlich tätig wird. Dieses kann zu einem Baustopp, einer Nutzungsuntersagung und ggf. zu einem Rückbau des Bauvorhabens führen.

Das eingeschränkte Prüfprogramm im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren entbindet nicht den Bauherrn und den am Bau Beteiligten von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an bauliche Anlagen gestellt werden. Die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse bleiben unberührt.

Gleiches gilt auch für verfahrensfreie Vorhaben nach § 61 LBauO M-V und genehmigungsfreie Vorhaben im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen Bebauungsplanes nach § 62 LBauO M-V.

Die geplante Änderung der bestehenden Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern, für welche zurzeit die Anhörung der Verbände erfolgt, sieht dafür keine Änderungen vor.

Quelle: Landkreis Vorpommern-Rügen