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05.04.2023

»Zieloffene Suchtarbeit« in Vorpommern

200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten sich beim hybriden Fachvormittag aus

Psychiatriekoordinatorinnen Lissy Kunkel und Carolin Langbein © Helios Hanseklinikum Stralsund
Psychiatriekoordinatorinnen Lissy Kunkel und Carolin Langbein © Helios Hanseklinikum Stralsund

In vielen Einrichtungen der Suchthilfe herrscht das Dogma der Abstinenz. Aber nicht für alle Klientinnen und Klienten ist Abstinenz ein erstrebenswertes, geeignetes oder umsetzbares Ziel. Zur Unterstützung der Hilfebedürftigen kann das Konzept des kontrollierten Konsums eine sinnvolle Alternative sein.

Die Umsetzung eines solchen Konzeptes wird oft kontrovers diskutiert. Um über das Thema in den fachlichen Austausch zu kommen sowie um neue Impulse für die Suchthilfeakteure und deren tägliche Arbeit zu setzen, lud die Chefärztin der Erwachsenenpsychiatrie, -psychotherapie und Psychosomatische Medizin, PD Dr. Deborah Janowitz, gemeinsam mit den Psychiatriekoordinatorinnen Lissy Kunkel und Carolin Langbein aus den Landkreisen Vorpommern-Greifswald und Vorpommern-Rügen zum hybriden Fachvormittag „Zieloffene Suchtarbeit“ am 31. März 2023 ein.

Hauptreferent war der Psychologe und Suchtforscher Prof. Dr. Joachim Körkel, der das Thema des Fachvormittags so zusammenfasste: „Zieloffene Suchtarbeit bedeutet, mit Menschen an einer Veränderung ihres problematischen Suchtmittelkonsums zu arbeiten, und zwar auf das Ziel hin, das sie sich selbst setzen.“ Mit seinem Programm „Kompetent im selbstbestimmten Substanzkonsum“ zum kontrollierten Trinken, zeigte er eine Alternative zur vollständigen Abstinenz auf. Er machte deutlich, dass es wichtig ist, die eigene professionelle Haltung zu reflektieren und offen zu sein, um ggf. zukünftig neue Ansätze in der Suchthilfe und -prävention entwickeln zu können.

Wie solch ein Konzept bereits umgesetzt und gelebt wird, erläuterte Frank Cornelius, Einrichtungsleiter vom „Haus Hoffnung“ in Ladebow. Die Einrichtung für nichtabstinenzfähige Alkoholiker arbeitet bereits seit den 1990er-Jahren nach diesem Prinzip. Frank Cornelius berichtete aus seiner langjährigen Praxiserfahrung und konkretisierte, wie die Umsetzung gut gelingen kann.

Im Anschluss an die beiden Vorträge ergriffen die Teilnehmenden die Gelegenheit, ihre Fragen zu stellen und in den regen Austausch zu treten.

In der Pause konnten sich die Teilnehmenden vor Ort und online im Rahmen eines virtuellen Marktes über die Möglichkeiten von Suchthilfe-Angebote in den Landkreisen Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald informieren und austauschen.

Zieloffene Suchtarbeit in Vorpommern © Helios Hanseklinikum Stralsund
Zieloffene Suchtarbeit in Vorpommern © Helios Hanseklinikum Stralsund

Danach folgte eine besondere Überraschung. Der Musiker, Pianist und Musiktherapeut Steffen Rausch präsentierte seinen neuen Song: „Du bist Du und das ist gut so“. Mit dem Song möchte er Betroffenen in schwierigen Lebensphasen Mut machen und Kraft geben.

Als letzte Referentin an diesem Fachvormittag hielt die Chefärztin PD Dr. Deborah Janowitz ihren Vortrag mit dem Thema „Womit helfe ich den Betroffenen nicht…?!“. Hierbei erläuterte Dr. Janowitz, wie Kommunikation mit Betroffenen und Angehörigen gelingen kann, wo „Stolpersteine“ liegen können und wie eine praktische Umsetzung möglich ist.

Mit dem Fachvormittag sollte auf das Thema „Zieloffene Suchtarbeit“ aufmerksam gemacht werden. Darüber hinaus stand im Mittelpunkt, neue Impulse zu setzen und den Suchthilfeakteuren aus den beiden Vorpommern-Landkreisen die Möglichkeit zu geben, sich kennenzulernen, auszutauschen und zu vernetzen.

Chefärztin PD Dr. Deborah Janowitz und die Psychiatriekoordinatorinnen freuten sich über die rege Teilnahme von rund 200 Akteuren. Diese Kooperationsveranstaltung zeigte, dass das Thema auf großes Interesse stößt und dass eine Betrachtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln für die tägliche Arbeit mit Menschen gewinnbringend für alle Beteiligten sein kann.

Autor/in: Landkreis Vorpommern-Rügen